Am 10. & 11. Mai fand in Köln die alljährliche Roleplay Convention (RPC) statt. Mein erster Blick ins Programmheft sorgte für gemischte Gefühle: einerseits gab es ein Anime-Kino in dem zwei Tage lang neue Serien (in Deutschland) vorgestellt wurden, andererseits gab es pro Tag genau einen Pen&Paper Meta-Workshop, also einen systemunabhängigen Vortrag.
Weltenbau & Storytelling
Uwe Reckzeh und Thilo Corzilius sprachen eine Stunde lang über die Erschaffung glaubwürdiger Welten. Für die 20 erwarteten Leute druckten sie Handouts, aber es kamen weit mehr als sie glaubten. Sie arbeiteten diese Liste aus, die ein Weltenbauer beachten sollte:
- Jede glaubwürdige Welt hat ein großes Trauma.
- Gut geklaut ist halb erfunden.
- Content kann Feeling erzeugen.
- In einer glaubwürdigen Welt erzählt man sich Geschichten und hat einen Mythos.
- Interaktion muss innerhalb der gesetzten Prämissen nachvollziehbar bleiben.
- Wenn man eine Welt erweitert, muss man sich die Regeln/Prämissen halten.
- Beliebigkeit bzw. Wahllosigkeit ist der Tod der Glaubwürdigkeit.
- Es gibt bei der Weltenschöpfung keine Vorschriften bzgl. Reihenfolge und Gewichtung der einzelnen Elemente.
- Es gibt öfter Schlüsselmomente bzw. Hooklines, die Feeling aktivieren.
Helden mit Schwächen
Der Untertitel lautete „Weniger Perfektion für bessere Geschichten“ und richtete sich an Rollenspieleinsteiger. Anhand von Charakteren aus Büchern, Filmen und eigenen Rollenspielrunden stellten Tom Orgel, Stefan Orgel und C. Steenbergen die Vorzüge von nicht-perfekten Charakteren vor. Überoptimierten Charakteren z.B. einen spannenden Kampf zu bieten sei es schwer und bekommt irgendwann wahnwitzige Züge, weil ein Drache irgendwann nicht mehr reicht.
Steins;Gate
Es geht, kurz gesagt, um Zeitreisen. Aus der ersten Episode ging allerdings nicht genug hervor um die Story zu erzählen, aber ich habe einen ausgezeichneten Fantrailer gefunden:
Sword Art Online
Wer .hack//SIGN mochte sollte unbedingt einen Blick auf SAO werfen. Statt einem sind diesmal alle Spieler in der virtuellen Welt gefangen und können erst ausloggen wenn sie alle Bosse der 100 Ebenen besiegen. Doch der Tod im Spiel bedeutet auch den Tod in der realen Welt. Sword Art Online steht, genau wie Steins;Gate, definitiv auf meiner Liste und sobald ich ihn sah werde ich darüber schreiben.
Splittermond und DSA – David gegen Goliath
Vermutlich hatten weder der Ulisess noch Uhrwerk Verlag dies geplant, doch schufen beide einen großartigen Moment. Um 13 Uhr begann am Ulisses-Stand ein Vortrag zur Beta der 5. Edition von „Das schwarze Auge“ (DSA). Am Ende durften Fragen gestellt werden und einer der anwesenden fragte wie das Thema eBooks gestaltet und ob das Grundregelwerk kostenlos erhältlich sein wird. Die Antwort (sinngemäß aus dem Gedächtnis):
Es wird, wie jetzt auch, sowohl ein Buch und eine PDF geben, als auch ein Bundle. Wie die einzelnen Preise sein werden können wir jetzt noch nicht sagen. Aber es wird definitiv keine kostenlose PDF sein, das ist absolut unmöglich und kann sich kein Verlag leisten.
Die Antwort leuchtete allen ein. Direkt danach um 14 Uhr begann der Splittermond Vortrag und wieder kam es zum Thema eBooks. Aus dem offiziellen Forum wusste ich bereits, dass es kein Bundle geben wird und erwartete bereits den ersten Punkt in dem Ulisses als Verlag punktet – doch weit gefehlt:
Wir freuen uns an dieser Stelle bekanntgeben zu dürfen, dass wir die PDF des Grundregelwerks kostenlos anbieten werden.
Stille. Die Messehalle lärmte wie gewohnt, aber für den Bruchteil einer Sekunde herrschte absolute Stille, während wir anwesenden das gehörte verarbeiteten. Hieß es nicht vor 5 Minuten noch, dass sich das kein Verlag leisten kann? Dann begann jemand zu klatschen und alle stiegen mit ein. Chapeau!
Die Hintergründe dieser Entscheidung könnt ihr im Splittermond-Blog nachlesen.
Was beide Verlage inhaltlich bekanntgaben folgt nun.
DSA 5
Wie viele Verlage testet Ulisses die 5. Edition in einem Betatest. Das Regelwerk und drei Abenteuer um es zu testen stehen sowohl als kostenloser Download, als auch gedruckt zum kaufen, bereit. In das aktuelle Exemplar flossen die Erkenntnisse aus der großen Umfrage an der ca. 3900 Menschen teilnahmen – mich eingeschlossen. Zwar versuchte der Verlag so viele Foren und Blogs wie möglich im Auge zu behalten um alle Ideen zu erfassen, scheiterte jedoch an der schieren Menge der Informationen (Big Data).
Zuerst zwei Dinge die mich stören:
- Am Betaregelwerk waren lediglich drei Autoren beteiligt, was ich bei einem Koloss wie DSA für zu wenig halte.
- In den Vorträgen wurde überdurchschnittlich viel relativiert und sehr oft begann ein Satz mit „Wir hoffen …“ oder „Wir glauben …“. Gäbe es die Beta nicht, wäre das Maß an Glaube und Hoffnung beängstigent hoch für eine Veröffentlichung.
Nun zu all den schönen Dingen, wodurch die 5. Edition meine Haltung gegenüber dem System stark verbessert:
- Im Grundregelwerk werden sämtliche Mechaniken enthalten sein und die Erweiterungsbände gehen nur noch in die Tiefe.
- Schicksalspunkte (aka Edge aka Bennies) erlauben den Spielern gewagtere Aktionen und dient als „Weg den Realismus zu verlassen„.
- Regeln sind nun effekt- und nicht problemorientiert. Es wird quasi Buffs und Debuffs geben.
- Zaubertricks ermöglichen magischen Charakteren kleine Aktionen ohne Astralpunkte auszugeben.
- Sonderfertigkeiten für profane Charaktere werden eingeführt.
- Große Plots verlaufen langsamer um diese auch adäquad nachspielen zu können.
Splittermond
Nach 6 Monaten ist die Beta nun vorbei und ungefähr Mitte Juni wird das Grundregelwerk erscheinen. Wie die nächsten Schritten aussehen weiß der Verlag aber schon. Der erste Erweiterungsband widmet sich Selenia. Das Buch wird in einen Spieler- und SL-Part geteilt. Zur Frage ob es Intime-Texte geben wird, wurde geantwortet, dass es welche geben wird diese jedoch kurz ausfallen. Ausser einer längeren Introfiction werden es hauptsächlich Beschreibungen sein. Das Buch soll 100 Seiten umfassen und als Hardcover produziert werden.
Zudem wurden zwei weitere Titel angekündigt: Der Ausrüstungsband heißt „Mondstahl“ und unter „Kristallchroniken“ (Arbeitstitel) könnte eine Intime-Zeitschrift erscheinen. Zusätzlich wird es im Blog und als PDF regelmäßig Informationen über Geschehnisse in der Welt geben.
Fazit
Brandheiße Informationen zu den kommenden Rollenspielen direkt von den Verlagen zu bekommen war klasse und die Möglichkeit direkt vor Ort Fragen zu stellen rundete das Erlebnis ab. Jeweils nur ein Meta-Workshop pro Tag im Programm war allerdings ziemlich mau. An den Veranstaltern liegt das jedoch nicht, sondern vielmehr daran, dass sich niemand meldete einen Vortrag zu halten.
Auf die nächste RPC freue ich mich schon jetzt: statt Beta-Rollenspiele und deren Vorstellung geht es dann ein Wochenende lang um die fertigen Systeme, welche dann bereits monatelang gespielt wurden.