Titanfall ist draußen, es ist gut, ihr solltet es spielen. Die Gründe dafür lest ihr im Artikel zur Vorstellung des Spiel. Ich möchte mich hier auf die Aspekte konzentrieren, die mir nach knapp einem Monat auf die Nerven gehen und besser sein könnten.
Kampagne
Die Geschichte um den Krieg der beiden Fraktionen Miliz und IMC ist eigentlich recht dramatisch und wenn auch keine große dramaturgische Kost, so doch zumindest in eine Klasse mit der Story von Starcraft 2 einzuordnen. Da gibt es Heldentod, Verrat und Kamikaze-Aktionen, gewürzt mit einer ordentlichen Spur Pathos. Bestes Actionkino, eigentlich.
Das Problem ist nur, dass man als Durchschnittsspieler keinen Deut davon mitbekommt. Während der Vorbereitungszeit in der Lobby befinde ich mich normalerweise bei den Burn Cards, um das Setup für das nächste Match auszuwählen. Dann wird nochmal kurz bei den Soldaten vorbeigeschaut, wo ich mir überlege, ob ich diesen oder jenen Aufsatz für meine neue Waffe wählen soll, oder ob sich ein schnellerer Mech mit weniger Rüstung nicht besser spielt.
Was ich dann bewusst vom Voice Acting mitbekomme, sind so Satzfetzen wie: „… das ist unsere einzige Chance.“ Oder auch: “Ist er wahnsinnig geworden?!” Die tatsächlichen Inhalte bleiben mir aber dank des fehlenden Multitasking-Talents verborgen. Wenn ich engagiert ins Schlachtgeschehen springe, fehlt meistens jede Ahnung vom Hintergrund des Kampfes, was auch dadurch verstärkt wird, dass eine Kenntnis der Geschichte überhaupt nicht notwendig ist. Das Spiel liefert schließlich die wichtigen Eckdaten kurz und bündig zu Beginn – „das wird eine Materialschlacht!“ – und kommuniziert von da an vor allem über die Minimap.
Mit den Soundfetzen, die während des Spiels eingespielt werden, ist es noch schlimmer. Wenn ich gerade auf einem Titanen huckepack durchs Sperrfeuer reite und damit beschäftigt bin, die Klappe aufzureißen und die Verkabelung zu kappen, habe ich recht wenig Zeit, mir um den Stand der Invasion Gedanken zu machen. Die Geschichte spielt sich auf einem Meta-Raum außerhalb des Schlachtfelds ab, und ich kann während des Spiels beim besten Willen keine emotionale Verbindung zu den Charakteren herstellen, die abgekoppelt von meinen Frontlinien-Problemen irgendwelche wahnsinnig wichtigen Aktionen durchführen.
Vielleicht war für echte Cutscenes kein Geld mehr übrig? Blödsinn, das Spiel ist an allen Ecken und Enden poliert. Sicherlich wurde in Hinblick auf den Spielfluss entschieden. Wenn die Story wenig bis überhaupt nicht ins Gewicht fällt, kann man schnell ins Spiel rein und schnell wieder raus, und sich seine Dosis Spaß für den Tag abholen. Gerade im Hinblick auf das Einbinden von Konsolenspielern wäre die starke Verkomplizierung des Spieleinstiegs wohl eher hinderlich (Obligatorischer Seitenhieb auf minderwertige Konsoleros: abgehakt.).
Aber es wäre doch wunderbar, wenn die Story zu spielrelevanten Bausteinen für das Match selbst verarbeitet würde. Das würde zu mehr geskripteten Ereignissen führen, die vielleicht zufällig, oder je nach Punktestand der Fraktionen zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgelöst würden.
Mapdesign
Damit kommen wir direkt zum nächsten Punkt, nämlich dem Design der Maps. Titanfall hat bei Erscheinen mit interessantem Überraschungen gepunktet. Doch sind mir persönlich zu wenig dynamische Elemente im Spielgeschehen vorhanden. Die grundlegenden Ziele der Missionen bleiben nämlich immer gleich, damit der Spieler sich beim Einloggen Taktik und ein Outfit zurechtklicken kann. Da könnte man mit ein wenig mehr Chaos auf den Karten durchaus den einen oder anderen spannenden Moment erzielen.
Vielleicht landet eine Eliteeinheit, die schwerer zu besiegen ist, ein Haus fliegt in die Luft, ein Straßenabschnitt stürzt ein, ein Orbitalbombardement macht alle Gebäude dem Erdboden gleich, in einem bestimmten Gebäude wird Giftgas ausgelöst … ? Oder die Missionsziele verändern sich plötzlich, weil ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist? Aktuell bleibt Titanfall mit seinen neuen Ideen auf halbem Wege stehen und hinterlässt nach einem Monat in meiner Erinnerung denselben verschwommenen Eindruck wie beispielsweise Team Fortress 2 – allerdings mit Titanen. Die Titanen sind eine nicht wegzudiskutierende Verbesserung. An denen habe ich auch nach längerem Nachdenken nichts zum Meckern gefunden. Ich bin vielmehr der Meinung, dass Multiplayershooter nach Titanfall allesamt daran gemessen werden sollten, ob große Roboter mit Cockpit im Kopf, Raketenwerfer und Powerfaust in ihnen vorkommen.
Matchmaking
Das hier ist der kritische Artikel, deshalb werden ab jetzt keine Titanen mehr erwähnt. Vielmehr möchte ich zuletzt euer Augenmerk auf das Matchmaking richten. Das wird zur Zeit von Respawn verbessert, weist aber immer noch starke Schwächen auf.
Warum werde ich als Neueinsteiger zwangsweise in einen Topf mit denen geworfen, die die Kampagne schon durchgespielt haben? Es wäre viel logischer, sowohl IMC- als auch Miliz-Team mit Newbies zu bestücken. Die Kampagne könnte dann ja so erzählt werden, dass im Auswahlscreen noch nicht klar ist, welche Fraktion man spielen wird. Vielleicht schaltet man dann je nachdem, ob man gewinnt oder verliert, eine passende neue Mission frei? So würde sich auch das Gefühl, Teil einer Geschichte zu sein, über mehrere Matches hinweg halten.
Das fehlende Balancing beim Zusammenbringen der Teams wird in der aktuellen Matchmaking-Beta bereits verbessert. So prüft das System nun nach ein paar Spielen, ob die Fähigkeiten der Spieler ungefähr auf einem Level liegen, und tauscht sonst das führende Team gegen ein schlechteres aus. Das ist ein löblicher Ansatz, im Test kam es aber noch zu endlos langen Wartezeiten, bis auch tatsächlich ein passendes Team gefunden wurde. Hier hat Respawn noch einiges zu schrauben, es ist trotzdem zu begrüßen, dass die Probleme aktiv angegangen werden.
Fazit
Was hätte nicht alles aus Titanfall werden können, wenn Microsoft keinen XBOX One Release hätte pushen müssen! Vielleicht kommt bald ein zweiter Teil auf uns zu, der uns das Grunderlebnis von fliegenden Soldaten und mächtigen Robotern mit verfeinerten Features präsentiert. Wenn EA nicht mit den bereits angekündigten DLCs die Fans vergrault. Auf jeden Fall findet sich auch bei diesem an sich sehr guten Spiel noch viel Raum für Verbesserungen.