TESO war eins der Spiele, die uns mit viel Vorfreude erfüllt hatten. Endlich ein Elder Scrolls Titel, in dem man nicht länger alleine herumläuft, sondern seine Erlebnisse mit Freunden teilen kann. Von der auf der gamescom spielbaren Betaversion lässt sich jedoch nicht nur Gutes berichten.
Zunächst ist alles wunderbar. Die Charaktererstellung bietet wie von Bethesda mittlerweile gewohnt mannigfaltige Einstellungsmöglichkeiten von der Rasse über die Hautfarbe bis hin zur Höhe des Nasenrückens. Nach einer kurzen Einführung geht es direkt auf eine von Schnee und Eis überzogene Insel.
Mein argonischer Schurkenverschnitt sprintet schon bald fröhlich über die schneeverwehten Hänge und attackiert wahllos Wölfe, während auf dem aus Skyrim bekannten Kompass die Richtung des nächsten Questziels angezeigt wird. Das Kampfsystem ist im Kern einfach: Linksklick greift an, Rechtsklick wehrt ab, doppelter Tastendruck führt zum aus Guild Wars 2 bekannten Ausweichmanöver.
Der Teufel liegt im Detail. Die Feinde werden nicht per Tab und Markierung, sondern „echt“ anvisiert, was recht gut funktioniert, wenn nicht gerade die aus WOW geschulten Reflexe einsetzen und ich nach der Skillleiste statt nach dem Fadenkreuz schiele. Skillleiste? Ja, die Entwickler haben es sich nicht nehmen lassen, das Elder Scrolls System zu verändern. Aber nicht wirklich. Nur so ein bisschen mehr wie ein typisches MMO gestalten. Aber dabei natürlich die Stärken der Singleplayer-Titel dringelassen. Oder wie? Herausgekommen ist ein UI- und Bedienungsmischmasch, das irgendwie nach Skyrim aussieht, an bestimmten Stellen aber plötzlich in den klassischen MMO-Bereich abdriftet. In der Konsequenz muss ich jetzt zielen UND auf die Skillleiste schauen. Bemerkenswerterweise überlebt der Argonier meine Fingerkrämpfe relativ unbeschadet.
Nach einer Weile ziellosen Umherirrens mache ich mich also auf den Weg zu den Quests. Und hier kommt der zweite Kritikpunkt – die auf der Messe angespielten Quests waren allesamt unterste Schublade. Nimm dies, laufe da hin, setze das ein… Das mag für Skyrim funktionieren, weil es dort eher um die Simulation einer Welt als um einfallsreiches Gameplay geht, aber für ein MMO ist das zu wenig. Die NPCs boten in den (löblicherweise vollvertonten) Unterhaltungen meistens genau eine Dialogoption, so dass man das ganze auch als Cutscene hätte laufen lassen können. Wenn mir schon der Eindruck eines Gespräches vermittelt werden soll, dann doch bitte auch mit ein paar mehr Antwortmöglichkeiten. Sonst würde ich ehrlich gesagt einen „Quest annehmen“ Knopf mit dem zu erwartenden Goldbetrag daneben vorziehen.
Auch der Kompass, so cool er im Openworld-Spiel Skyrim auch gewesen sein mag, sorgt eher für Frust als für Atmosphäre. Das Ding wird bei mehreren Quests zu schnell zu unübersichtlich. In einem MMO andauernd die Map aufzurufen ist lästig. Laut Aussagen von Bethesda haben sich die Fans diesen Navigationsschrecken gewünscht, eine Minimap lässt sich außerdem zuschalten. Trotzdem, der Kompass symbolisiert das Problem, was TESO meiner Meinung nach hat.
Diese Unannehmlichkeiten deuten nämlich genau darauf hin, woran es bei The Elder Scrolls Online in seiner jetzigen Phase hakt: Der Übergang von Singleplayer zu MMO wurde nicht oder nur halbherzig vollzogen. Das sieht alles aus wie Skyrim und spielt sich wie Skyrim – zumindest in den ersten fünf Minuten. Dann fallen einem Dinge auf, die die Entwickler sich von anderen MMOs abgeschaut haben, statt selber nach einer Lösung zu suchen. Dinge wie die Cooldown-Skills. Oder Gegner, durch die man einfach hindurchlaufen kann. Oder Systeme, die einfach aus Skyrim übernommen wurden ohne sie auf das neue Genre anzupassen, wie der Kompass und die Dialogpräsentation.
Fazit
Wenn The Elder Scrolls Online nicht ganz schnell in der Versenkung verschwinden soll, dann wünsche ich den Entwicklern noch massenhaft nie dagewesenen (TM) Content in der Hinterhand. Mit den nächsten Patches sollte außerdem das UI und das Kampfsystem verbessert werden. Ach ja, und wessen glorreiche Idee war es, dem Spiel ein traditionelles Bezahlssystem von aktuell gemunkelten 12,99 Euro pro Monat zu verpassen? Man kann wirklich nur hoffen, dass sich zum Release noch etwas tut. Den Preis „Bestes RPG der gamescom“ verdient diese Betaversion jedenfalls nicht.
Was wir noch alles auf der gamescom erlebten lest ihr im Übersichtsartikel zur Messe.
Alle Bilder: Bethesda